Sobald Inter Maisland auf dem Fußballplatz steht, steigt die Stimmung bei den Fans. Das Team um Torwart Felix ist bereits seit vier Jahren dabei, obwohl die Spieler oft wechseln und stetig für Nachwuchsmitglieder gesorgt werden muss.

VGH-Goettingen

Jeden Mittwochabend schlüpfen Göttinger Studierende in bunte Trikots, schnappen sich einen Fußball und fahren zum Spielfeld am IfL (Institut für Leibesübungen). Es ist wieder Uni-Liga-Zeit. Auch Felix ist dabei. Je nach Vorlesungsplan kommt der 25-jährige Student direkt aus der Uni Göttingen zum Spielfeld oder schon einige Stunden eher, um die Gegner der kommenden Spiele zu analysieren. Seit 2011 hat er mit seinem Team Inter Maisland bereits den einen oder anderen Erfolg feiern können. Der Torwart denkt gerne an die Anfänge von Inter Maisland zurück. Obwohl die Gründung keine fünf Jahre her ist, hat sich seitdem viel verändert. „Die Uni-Liga war damals noch recht klein“, erinnert sich Felix. Sie bestand erst seit einigen Jahren und befand sich in einer aufstrebenden Phase.

Keine Uni-Liga ohne Göttingen

Göttingen kann als Geburtsort der Fußball-Uni-Liga bezeichnet werden. Schon im ersten Jahr 2005 meldeten sich über 40 Teams an. Seitdem sammeln sich jeden Mittwoch im Sommersemester die verschiedenen Teams samt ihren Fans beim Hochschulsport. Gemeinsam lassen sie nicht nur den Ball rollen, sondern treffen sich auch zum Grillen und um das ein oder andere Bier dabei zu trinken.

Nachdem die Resonanz größer wurde und die Beliebtheit der Uni-Liga von Jahr zu Jahr wuchs, wurde ein Konzept erarbeitet, die Uni-Liga an Hochschulen in ganz Deutschland anzubieten. Eine Kooperation mit dem Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband (ADH) entstand und inzwischen wird in über 15 Städten eine Uni-Liga von der jeweiligen Hochschule angeboten. In Göttingen haben sich zum Sommersemester 2015 fast 100 Teams angemeldet.

Die Maisländer und das Bordell

Sich bei so einer großen und zum Teil starken Konkurrenz durchzusetzen, fällt dem Team von Felix nicht immer leicht. Aber Gewinnen steht nicht im Vordergrund. Das Konzept von Inter Maisland beruht auf dem Gedanken, gemeinsam zu kicken, Spaß zu haben und nebenbei einmal die Woche Sport zu treiben. Die Gründung 2011 fand eher zufällig statt. Schon länger bestand der Gedanke bei Felix, zusammen mit Freunden an der Uni-Liga teilzunehmen. Für Felix war es zusätzlich wichtig, durch das Team neue Leute kennenzulernen. Auf einer WG-Party verfestigte sich diese Idee. Ein Nachbar war ebenfalls auf der Party und es stellte sich heraus, dass dieser der Besitzer der Roten Perle war, ein ehemaliges Bordell an der Güterbahnhofstraße.

„Es war eine witzige Situation“, erzählt Felix und fängt an zu lachen. Der Chef der Roten Perle brachte zwei oder drei seiner Angestellten mit und man kam ins Gespräch. Unter anderem wurde das Problem thematisiert, dass ein Sponsor für die Trikots fehle. Der Besitzer der Roten Perle zögerte keinen Moment und bot an, diese Funktion zu übernehmen. Nicht viel später lag dem neu gegründeten Team ein Stapel neuer Trikots mit der Aufschrift ‚Rote Perle‘ vor. „Ein Bordell als Sponsor zu haben, spiegelt den Grundgedanken des Teams wider, nicht alles zu ernst zu nehmen“, lacht Felix. Auf einen Namen konnte sich schnell geeinigt werden. Da das Team hauptsächlich aus Agrarstudenten besteht, sollte eine Verbindung zwischen dem Fußballteam Inter Mailand und der Landwirtschaft hergestellt werden. Bei Inter Maisland geht um Spaß, nicht um ehrgeizige Ambitionen.

In manchen Situationen packt Felix dennoch der Ehrgeiz. „Wenn 50 Fans am Spielfeldrand stehen und jubeln, möchte man auch für sie gewinnen. Dann kann es in so einem Spiel auch etwas ruppiger zugehen“, erzählt er. Eine Strategie habe er aber nicht. Denn spätestens mit dem Anpfiff, meinte er, würde diese wieder vergessen sein.

Die Manschaft von Inter Maisland
Die Manschaft von Inter Maisland

Stimmung bei jedem Spiel

Inter Maisland und Spaß: dass beide zusammen gehören, haben die anderen Teams der Uni-Liga spätestens in der Saison 2013 mitbekommen. Der eigens hierfür zuständige Fan-Beauftragte von Felix‘ Team hält stets Kontakt zur wachsenden Fangemeinschaft und überlegt, mit welchen Aktionen den Fans etwas geboten werden kann. Ein groß angelegtes Spanferkel-Schlemmen auf dem IfL gehört noch zu den kleinen beschaulichen Veranstaltungen. Andere Aktionen, wie der Einsatz von Bengalos, kamen jedoch nicht bei allen gut an. Felix sieht Kritik aus anderen Teams jedoch nicht so eng. „Inter Maisland achte immer darauf, dass niemand verletzt wird“, erklärt er. Der Einsatz von Pyrotechnik bei der Uni-Liga mit Ultra-Fans aus der ersten Bundesliga zu vergleichen, sei weit hergeholt. Kritik oder nicht, spätestens als das Team samt Fan-Beauftragtem einen großen Bauzaun anschleppte, um die Massen an Fans davon abzuhalten das Spielfeld zu stürmen, stand für die Veranstalter der Uni-Liga fest, Inter Maisland verdient den MET-Award, die Auszeichnung für das Most Entertaining Team.

Alter Name, neue Spieler

Doch: in diesem Jahr ist es stiller geworden um das Team. Bereits im vergangenen Semester sei der größte Teil der Mannschaft mit der Uni fertig geworden. „Die meisten Spieler sind in ihre Berufe gestartet“, erzählt Felix. Knapp neun Spieler sind übrig geblieben. 20 Spieler braucht das Team laut Felix. Nicht jeder könne jeden Mittwoch am IfL stehen und mitspielen. Deshalb ist eine große Zahl an Spielern notwendig. Kurzerhand hat sich Inter Maisland mit Spielern von FC Agrarcelona, ein weiteres Uni-Liga-Team, zusammengeschlossen. Der Name Inter Maisland sei jedoch geblieben, die Mannschaft FC Agrarcelona wurde aufgelöst. Vielleicht wollten sich die Spieler von FC Agrarcelona dem Ruhm von Inter Maisland annehmen, aber Felix möchte ihnen nichts unterstellen.

Der Name ist geblieben, aber das Team ist ein anderes und die Chance, den MET-Award erneut zu gewinnen, besteht wohl nicht, gibt Felix zu. Sponsor ist auch nicht mehr die Rote Perle. Das Bordell musste 2013 schließen und wurde inzwischen zu Mietwohnungen für Studierende umgebaut. Einen neuen Sponsor gibt es nicht, zwar steht Tipico auf den Trikots, aber das sind die Standard-Trikots, die es im Sportgeschäft zu kaufen gibt.

Zeit zum Trainieren gibt es nicht

Dennoch geht Felix jede Woche gerne zum IfL. Der Spaß stehe auch noch bei dem neuen Team im Mittelpunkt und harmonisch ist es jedes Mal, wenn sich die 21 Mitspieler treffen. Ob zur Uni-Liga, privat in der Bierwirtschaft, in der ebenfalls regelmäßig die Weihnachtsfeier stattfindet, oder auf einer WG-Party: es ist immer etwas los. Die einzige Aufnahmebedingung für neue Mitspieler ist der Spaß am Fußball. „Ist jemand zu ehrgeizig, lernt er schnell, dass er damit bei Inter Maisland nicht richtig ist“, erzählt Felix lachend. Zeit zum Trainieren gibt es nicht, zu schwer ist es, diese bei 21 Spielern zu organisieren, die nebenbei zur Uni gehen, arbeiten und Hausarbeiten schreiben müssen. Auf das Fußballtraining muss verzichtet werden. Die Spieler treffen sich erst zu den regulären Spielen der Uni-Liga.

Die Schwierigkeit liegt ebenfalls darin, das Team aufrecht zu erhalten. Nachdem in der letzten Saison die meisten aufgehört hatten, war klar, dass eine Mischung aus allen Semestern benötigt wird, damit Inter Maisland weiterbesteht. Sobald unterschiedliche Semester mitspielen, kommen aus den unteren Jahrgängen stets neue Spieler dazu. Felix sieht das positiv und denkt, dass das Team noch mehrere Uni-Liga-Saisons mitspielen wird. Er selber spielt seine letzte Saison. Nach dem Sommer geht es auch für ihn runter vom Platz und weg von der Uni. Die Fußballschuhe werden vorerst an den Nagel gehängt. „Ich möchte mich nach der Uni erst einmal beruflich orientieren, wahrscheinlich auch außerhalb von Göttingen“, sagt Felix. „Aber zum nächsten Spanferkelessen komme ich bestimmt wieder.“