Seit über 20 Jahren rocken die Lärmenden Luder aus Göttingen nun schon was das Zeug hält mit ausgesuchten Lieblings- Coversongs die Region. Dabei haben sie stets eines gemeinsam gehabt: Die Liebe zur Musik und den Spaß an der Sache. Hochtechnisiertes Rumgefrickel gehört dabei genausowenig ins Konzept wie der Hang, sich selbst zu ernst zu nehmen.
Es ist Samstagabend und wir befinden uns im Backsteinhaus am gedrehten Turm in Duderstadt. Draußen fällt nasskalter Schneeregen bei Temperaturen unweit des Gefrierpunktes, der Wind weht jedesmal durch den ansich warmen und gemütlichen Veranstaltungsort, wenn die ankommenden Gäste hereinspatzieren. Die Lärmenden Luder machen gerade ihren Soundcheck, etwa zwanzig Leute verfolgen den Rest eines Fußballspiels auf den beiden Bildschirmen des Backsteinhauses, weit hinten in dem länglichen Raum, der durch die große Theke geteilt wird.
Nichtsdestotrotz gibt es bereits hilfreiche Kommentare. „Die Snare ist zu laut“ wift jemand aus der hinteren Ecke der Theke ein. „Was nervt?“ fragt Christiane, die Sängerin der Band, um sich danach wieder ihrer Gitarre zuzuwenden, da die Antwort ausbleibt.Vor der Bühne werden die Scheinwerfer von Christianes Mann Thomas eingestellt, die Mädels entscheiden sich heute für rot- gelbes Licht. „In grün sieht man immer so alt aus“. Es ist halb neun und der Soundcheck ist fast vorbei, das Publikum ist bereits in ausgelassener Stimmung. Ein paar Klänge von „Zombie“ von den Cranberries klingen an. Jemand kommentiert, wieder aus den hinteren Ecken des Raumes, die gerade auftretenden Rückkopplungen mit lauten „Mahlzeit!“- Rufen. Kurz bevor es losgeht, steht die Band dicht zusammen im Kreis, die Arme umeinander gelegt wie ein Team kurz vor Spielbeginn. Fast erwartet man einen Schlachtruf, bevor sich jede ihr Instrument schnappt und loslegt, aber wir Außenstehenden können nicht hören, was sie sagen. Es wirkt, als hätte man ein eingespieltes Team vor sich stehen.
Die ersten Jahre
Die Frauenband gründete sich 1993, also vor 23 Jahren, um die Sängerin und Leadgitarristin Christiane Werner und durchlebte während der ganzen Zeit ein nicht zu verachtendes Ausmaß an Fluktuation in der Besetzung. Auch zwei Neugründung hat die Band nicht totgekriegt. „Wir haben eigentlich jedes Mal von vorne angefangen“ sagt die zierliche 51jährige, „irgendwann sind wir bei den Coversongs hängengeblieben“.Tatsächlich ist sie die einzige, die von der Urbesetzung noch heute dabei ist. Die Erstbesetzung bestand neben ihr aus fünf weiteren Frauen. Die erste Bassistin war Alexandra Wilkop, die zweite Gitarre spielte zu Anfang Heidi Schäfer. Später spielte sie elf Jahre lang Schlagzeug in der Band, weil sie Emöke Szabo 1999 ablöste. Emöke ist die Namensgeberin der Lärmenden Luder. Auch, wenn es bei der eigens für die Namensfindung geschmissene Party im damaligen Göttinger Nachtclub Jump noch so tolle Vorschläge gab wie etwa die „Zimtzicken“ oder „Drei Tage drüber“, entschied sich die Gruppe dafür. In der Frühphase tummelten sich ausserdem noch eine Keyboarderin namens Bettina, sowie die Backvocalistin Petra auf der Bühne, bzw. im Proberaum.
Bei ihrem ersten Auftritt im Januar 1995 starteten die „Urluder“ mit sechs Coversongs im Nörgelbuff. Das Konzept war klar: Sie wollten Musik machen und der männerdominierten Musikszene etwas entgegensetzen. In die Schublade der Sufragette wollten sie aber dennoch nicht gesteckt werden. Vier Jahre später und inzwischen in anderer Besetzung stand Christiane mit den Ludern 1999 als Vorband von Blue Moon in der Lokhalle auf der Bühne, zwischen den Konzerten fand ein Boxkampf statt. „Wir haben da für 30 Minuten 200 DM pro Person bekommen, das war garnicht mal schlecht“ erinnert sie sich. Es lief gut für die Band, der erste und bis dato einzige selbstgeschriebene Song „Stirb nochmal für mich“ sollte von Ecki Stein produziert werden. Doch die Band löste sich noch während des Jahres wegen verschiedener Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe auf. Ende 2000 haben sich die Lärmenden Luder neu formatiert. Nachdem sie sich vier Jahre in ihrem Proberaum eingegraben haben, standen sie ab 2004 wieder in neuer Frische auf der Bühne. Sie spielten auf verschiedensten Bühnen in der Region von Markoldendorf über Northeim und Kassel, bis Heidi 2011 die Band verließ und die damalige Gitarristin Bianka und die Bassistin Barbara 2012 zu der Band Boppin Bs wechselten. Doch Totgeglaubte leben länger und somit entstanden die Luder von heute.
Vier Frauen, ein Gedanke
Prinzipiell covern die Luder Green Day über Joan Jett bis hin zu Eric Clapton alles, was unter die Kategorie Rock fällt und Spaß und gute Stimmung verspricht. Manche Songs sind schon seit vielen Jahren immer mal wieder im Set, wie zum Beispiel „I want you“ von Joan Jett. Es kommen aber stetig neue Songs dazu. Das heutige Programm ist bunt gemischt und wird 2 Stunden lang sein. Neben Christiane spielt die gelernte Försterin und (ebenso wie sie) in einer Verwaltung arbeitenden Imke Lempert die zweite Leadgitarre und singt Lead- und Backvocals. Imke organisiert neben der Arbeit, der Familie und den Proben auch Konzerte im Café Aegidius. Christiane werkelt rund um die Musik mit Thomas in seinem Tonstudio Sound-Design. Claudia Schwamberger, die Bassistin der Band und mit 38 Jahren die jüngste der vier Mädels, singt ebenfalls auch Backvocals. Sie arbeitet als Pädagogin an einer Grundschule und spielt in ihrer Freizeit noch in der Punk Folk´n´Roll Band Guinnes To Go. In der aktuellen Besetzung ist Petra Fischer-Choi am Schlagzeug das neueste Bandmitglied. Sie spielt neben ihrer Arbeit in einem Autohaus auch in Bands wie dem Percussion-Ensemble „Los Ninõs del Sotano“. Den ersten gemeinsamen Auftritt hatten die Lärmenden Luder am 18.3.2014 am Weltfrauentag hier im Backsteinhaus.
Einfach Spaß an der Musik haben
Die Band startet zum warmwerden mit dem Publikum mit einem Stück von den Semisonics. Schon bei dem zweiten Song schnappt sich Christiane das Mikrofon und geht von der Bühne zu den Zuschauern hin. Sehr bald ist klar, hier ist mitmachen angesagt. Das Eis ist gebrochen und die Leute kommen etwas näher, nach und nach finden sich einige, die ausgelassen tanzen.
Später werden noch Knicklichter verteilt, welche über eine geraume Zeit von vielen im Takt mitgewippt werden. Andere fangen auch an, damit zu spielen. Zwischendurch passieren ein paar kleinere Pannen, die aber schmunzelnd überspielt werden. Spätenstens bei „Cocaine“ von Eric Clapton spielen die Luder ihre Songs lässig und auf den Punkt, Christiane gibt ihre rauchige Rockstimme zum besten. Die Band hat Lust zu spielen, und das merkt auch das Publikum. Wenn man dennoch den Blick schweifen lässt, sieht man über den Köpfen vielleicht 50 Plakate von vergangenen Veranstaltungen an der Decke. Irgendwo dazwischen klebt ein Plakat von den Lärmenden Ludern. Eins von damals, eins von heute.