„Darts, das ist doch kein Sport! So schwer kann das ja nicht sein, ein paar Pfeile auf eine Scheibe zu werfen! Das kann kein Sport sein, so wie die alle aussehen!“ Das sind die häufigsten Klischees, welche den Spielern und Spielerinnen im Dartsport begegnen. Doch stimmt das wirklich? Ist Darts wirklich nur Pfeile auf eine Scheibe werfen und hat das überhaupt etwas mit Sport zu tun?
Oliver lacht, als er diese Klischees hört. „Darts ist definitiv Sport! Darts ist ein Spiel, für das man mental topfit sein muss. Man muss auch zu einem gewissen Grad körperlich fit sein.“ Er ist selbst aktiver Dartspieler beim DC Angerstein Arrows. Als Beispiel für seine Aussage nennt er dabei den walisischen Dartsprofi Gerwyn Price.

Ein Turniertag beim DC No Limits Kreiensen – Eine moderne Spielstätte

Es ist Freitagabend 17:30 Uhr. Die Spielstätte des DC No Limits Kreiensen – ein regionaler Dartclub aus Kreiensen bei Einbeck – ist nur circa 100 Meter vom Bahnhof im Ort entfernt. Es ist kalt und langsam wird es dunkel. Die „Gleis 3 Arena“, ein altes Postgebäude, das umfunktioniert wurde, dient dem Dartverein als Sportheim. Vor dem Gebäude, kurz bevor man durch ein Tor aus Eisengittern tritt, ist ein Schild an der Außenwand des Gebäudes zu sehen, welches „noch 30 Meter bis zum DC No Limits“ anzeigt. Von außen gesehen ist dieses Gebäude nicht gerade einladend. Ein grauer Betonblock.
Nach diesen 30 Metern befindet sich eine Tür, durch die man über zwei Treppen in die erste Etage des Gebäudes gelangt. Während andere, vor allem junge Menschen, am Freitagabend feiern gehen, werden hier sportliche Wettkämpfe ausgetragen.
Angekommen in der ersten Etage ist ein kleiner Vorraum, eingerichtet mit einem schwarzen Ledersofa und einem silbernen Stehtisch. An den Wänden sind Plexiglasscheiben mit der Aufschrift „Wand der Freundschaft“ angebracht, auf der viele Unterschriften zu sehen sind. Auf der linken Seite befindet sich ein kleiner, mit bequemen Möbeln eingerichteter Raucherraum.

Blick auf die Dartanlage des DC No Limits. Foto: Mike Timpe-Thofern


Ich gehe nach rechts, dort befindet sich die Spielstätte des Dartvereins. Eine große Halle. Noch sind nur wenige Menschen vor Ort, das Turnier beginnt erst um 19 Uhr. Hier ist es warm, der Raum lädt zum Verbleiben ein. Der erste Blick fällt auf die riesige Dartscheibe, welche am Ende der Halle an die Wand gesprüht wurde. Sie macht den Raum authentischer. Zwei Wände der Halle sind komplett verkleidet mit Sperrholzplatten, an die Dartscheiben montiert sind. Zehn Stück insgesamt. Der Boden ist im Zuschauerbereich aus PVC – vermutlich leicht zu reinigen, wenn mal ein Getränk verschüttet wird. Der Boden vor den Dartscheiben ist aus einem Teppichmaterial, zweifarbig, rot und grau in breiten Streifen, damit die Bereiche der Scheiben gut abzugrenzen sind. Große blaue Tonnen mit Holzplatten darauf, welche direkt hinter dem Teppich stehen, dienen als Ablagefläche für Taschen und Getränke der Spieler während des Spiels. In der Mitte der Halle ist ein großer Bereich mit Stühlen, alle in blau gehalten, und schwarzen Tischen, an welchen sowohl die Spieler als auch Zuschauer Platz nehmen können. Hier sieht man die Liebe zum Detail in der gesamten Spielstätte.

Blick in die Spielstätte des Vereins. Foto: Mike Timpe-Thofern

An den Ursprung des Dartsports als Kneipensport, so wie es damals in den Pubs in England begonnen hat, erinnert hier nichts mehr außer der Theke direkt links um die Ecke.

Von der Gemeinschaft zur Leistung

Betritt man den Raum, wird man begrüßt. Alter, Herkunft und Geschlecht spielen hier keine Rolle. Jeder wird hier gut aufgenommen. Gerade in den unteren Spielklassen und bei kleineren Turnieren geht es vor der Leistung um die Gemeinschaft. Man versteht sich, redet und scherzt miteinander. Bis das Turnier endgültig beginnt, hört man neben dem Klicken der Pfeile in der Scheibe auch noch Gespräche zwischen den Spielern. Im Hintergrund läuft über eine große Musikbox Radiomusik.
„Es herrscht eine super faire Stimmung untereinander. Fair Play ist ein riesengroßes Thema.“ Mein Interviewpartner Oliver, ein großer Mann mit kurzen hellblonden Haaren und einer Brille beschreibt die Gemeinschaft wie eine Familie. Hier unterhält man sich bei dem ein oder anderen Getränk über die vergangenen Spiele seines Lieblingsprofis oder über das kommende Turnier der Profis. Die Spieler sind oft in eigens für sie angefertigten Trikots mit deren Namen darauf vertreten. Jedoch ist es wie zum Beispiel im Fußball mittlerweile auch in der Dartszene üblich, das Trikot seines Lieblingsspielers zu tragen.
Nachdem die Gruppeneinteilung für das Turnier gelost wurde, geht es los. Die Spieler verteilen sich auf die verschiedenen Dartboards. Viele der Spieler kennen sich untereinander oder spielen sogar im selben Verein. Während des Spiels reden die Spieler in der Regel nicht miteinander, um konzentriert bleiben zu können.

Die Spielregeln sind dabei einfach: 501 Punkte müssen genau auf null Punkte gespielt werden. Jeder Spieler hat dazu drei Pfeile pro Besuch am Dartboard zur Verfügung. Dabei hat jedes Feld einen bestimmten Zahlenwert. Das Bulls-Eye, der rote Punkt in der Mitte der Scheibe zählt 50 Punkte. Der grüne Ring darum zählt 25 Punkte. Der innere Ring in den Zahlenfeldern verdreifacht die Anzahl des Punktefeldes, der äußere Ring verdoppelt die Punktzahl des Punktefeldes. Ein Spiel, genannt Leg, kann nur beendet werden, wenn am Ende der 501 Punkte ein „Doppelfeld“ getroffen wird. Wer zuerst drei dieser Legs gewinnt, gewinnt das gesamte Spiel. Der Verlierer muss an der Scheibe stehen bleiben und für das nächste Spiel die geworfenen Punkte der Spieler aufschreiben.

Der höchste Wurf im Darts, 180 Punkte. Foto: Alexander Torka

Der Ehrgeiz wird geweckt

Heute wird an sieben Boards gespielt, das geht aus der Teilnehmerzahl hervor. Bis zu 80 Teilnehmer könnten dabei bei voller Auslastung der Dartanlage teilnehmen. Es gibt spannende, aber auch eindeutige Spiele. Manche Spieler sind nervös, andere eher ruhig und routiniert. Da die Auslosung der Gruppen durch ein Computerprogramm geschieht, kann das Leistungsniveau sehr schwanken. Erfahrene und unerfahrene Spieler, Vereinsspieler und solche, die (noch) nicht im Verein spielen, treten dabei gegeneinander an. Bei vielen Spielern steht jedoch der Spaß an oberster Stelle. „Vielleicht kann ich ja heute einen der besseren Spieler ärgern, indem ich gewinne“, mag so manchem durch den Kopf gehen.

Dartboards mit Computern zum Aufschreiben der Punkte. Foto: Alexander Torka


Gegen 23:30 Uhr sind dann auch die letzten Spiele der Gruppenphasen gespielt und es ergibt sich langsam ein Bild, wer in den nächsten Runden gegeneinander antreten muss. In den nächsten Runden merkt man, dass die Spannung steigt. Die Luft im Raum wird langsam stickiger und die Geräuschkulisse ruhiger. Die bereits ausgeschiedenen Spieler sind entweder nach Hause gegangen oder unterhalten sich und analysieren ihre Spiele bei einem Getränk an der Theke.
Die Spiele, die noch offen sind, werden enger und das Niveau steigert sich von Spiel zu Spiel. Der Ehrgeiz der Spieler ist nun sichtbar geweckt. Man sieht oft Spieler, die den Kopf schütteln, um damit Unzufriedenheit auszudrücken. Wie in jedem Sport kann es aber auch im späteren Turnierverlauf noch zu Überraschungen kommen. Das zieht dann die Aufmerksamkeit der übrigen Zuschauer auf sich.
Um 1:30 Uhr ist für mich nach dem Viertelfinale das Turnier beendet. Eine gewohnte Uhrzeit für die Turniere hier vor Ort. Ich packe meine Sachen, gehe aus dem Gebäude heraus, wieder in Richtung des Bahnhofes und überlasse das Turnier denjenigen, die sich für die nächsten Runden qualifiziert haben.
Nach dem Turnier werden noch Fotos von den Spielern mit jeweils einem Briefumschlag in der Hand gemacht. Dieser zeigt die Platzierung des Spielers an und beinhaltet ein kleines Preisgeld.

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