Konzentration, Kaffee und Klausuren: Die Prüfungszeit im Fokus

Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek auf dem Zentralcampus in Göttingen ist zur Prüfungszeit besonders gut besucht. Foto: Wibke Oeding

Nach der Vorlesung direkt in die Bibliothek. Vielleicht dazwischen am Kiosk noch eine Mate mitnehmen, um das drohende Mittagstief zu bekämpfen – irgendwie muss man ja wach bleiben. Dann die Suche nach einem Platz. Es ist voll. Richtig voll. Einige Studierende sitzen tief gebeugt über ihre Notizen. Andere gehen mit ernster Miene die Vorlesungsfolien durch. Wieder andere schauen verträumt aus dem Fenster oder auf den Bildschirm ihres Smartphones. Das Semester neigt sich dem Ende. Der wohlverdienten Freizeit steht nun nur noch eine Hürde im Weg: Die Prüfungsphase.

Wenn Anspannung zur Angst wird: Prüfungsstress und seine Folgen

Viele kennen es – der Endspurt des Semesters bringt lange Tage und nicht selten auch ein Gefühl der Erschöpfung mit sich. So geht es auch Cassandra. Sie studiert Geographie und befindet sich, wie wohl die meisten Studierenden, gerade mitten in der stressigsten Phase des Semesters. „Momentan bin ich sehr gestresst, weil irgendwie alles auf einmal kommt. Sicherlich auch, weil ich davor ein bisschen zu wenig vorbereitet und gemacht habe“, muss Cassandra mit einem Schmunzeln zugeben. To-Do Listen und eine geregelte Tagesstruktur helfen der 22-Jährigen jedoch dabei, den Alltag auch in der Prüfungsphase zu meistern. Die Klausuren erwartet sie mit gemischten Gefühlen: Nervosität und Anspannung, aber auch die Chance das Gelernte unter Beweis zu stellen.

Diese Gefühle können wohl die meisten Studierenden nachvollziehen. Für viele ist die Klausurenphase jedoch mehr als ein einfacher Stresstest. Nach einer Studie der IU internationalen Hochschule haben fast 9 von 10 Menschen schonmal mit Prüfungsangst zu kämpfen gehabt. Als Grund nennen mehr als die Hälfte der Befragten ihre eigenen hohen Ansprüche. Nur bei 16% sind schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit Auslöser für ihre Ängste. Nicht selten können die Betroffenen dadurch ihre akademischen Ziele nicht, oder nur durch finanziellen Mehraufwand erreichen. Trotzdem holt sich nur ein Bruchteil der Betroffenen Unterstützung. Sicherlich auch, weil sie sie in ihrer Angst häufig nicht Ernst genommen fühlen.

Tipps und Strategien für den Weg aus der Prüfungsangst

Egal ob normale Anspannung oder ausgewachsene Angst – Mit den richtigen Strategien kann jeder die Prüfungsphase erfolgreich hinter sich bringen. Um Zeitstress zu vermeiden, ist eine gute Vorbereitung essentiell. Wer rechtzeitig mit dem lernen beginnt, hat während der Prüfungsphase weniger Druck und die Zeit, die Bibliothek für einen ausgiebigen Spaziergang oder ein leckeres Mittagessen in der Mensa zu verlassen. Denn auch die Work-Life-Balance ist wichtig. Nur mit ausreichenden Pausen kann das Gehirn in den Lernphasen dann wieder voll aufnahmefähig sein.

Außerdem kann es hilfreich sein, sich mit seinen Kommilitonen zu vernetzen und sich zu Lerngruppen zusammenzuschließen. Gemeinsam kann man den Lernstoff systematisch durchgehen und sich gegenseitig dazu abfragen. Das macht nicht nur mehr Spaß, sondern man profitiert zusätzlich von den Rückmeldungen der Gruppenmitgliedern.

Auch Altklausuren und Übungsaufgaben können die Angst vor der Prüfung mildern. Bei einer simulierten Übungsklausur unter Zeitdruck kann das gelernte Wissen bereits vorab geprüft werden. In der echten Prüfungssituation kann das Wissen, die Übungsklausur erfolgreich abgeschlossen zu haben, dann Sicherheit bieten.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hilfsangebote, um Studierende mit oder ohne Prüfungsangst in der Prüfungsphase zu unterstützen. So bietet das „healthy-campus“-Team regelmäßige Workshops und Kurse zum Thema mentale Gesundheit an. Dabei können die Teilnehmenden beispielsweise Techniken zum Stressabbau erlernen. Durch eine verbesserte mentale Gesundheit, wird auch das Konzentrationsvermögen, die Produktivität und nicht zuletzt auch die Stimmung verbessert. Zudem verfügt auch die Psychosoziale Beratungsstelle des Studierendenwerks Göttingen über ein breites Angebot, um von Prüfungsangst betroffene Menschen zu begleiten. In offenen Sprechzeiten, Kursen oder Gruppenstunden werden sich Themen wie Stressmanagement in der Prüfungsphase, Effektives Arbeiten und Entspannungstechniken zugewandt – ideale Ausgangbedingungen für eine erfolgreiche Prüfungsphase.

Perspektivwechsel: Dozierende in der Prüfungsphase

Nicht nur für Studierende, sondern auch für die Dozierenden kann die Prüfungsphase eine sehr stressbelastete Zeit sein. Dr. Steffen Möller vom geographischen Institut verrät, dass auch bei den Dozierenden ein gutes Zeitmanagement das A und O ist. „Hier geht es den Dozierenden wie den Studierenden. Wenn ich eine Klausur auf den letzten Drücker vorbereite, komme ich in Stress. Wenn ich mir schon Wochen oder Monate vorher Gedanken mache, ist es entspannter.“ Neben der Vorbereitung der Klausur, nimmt die Korrektur allerdings ebenfalls einiges an Zeit in Anspruch. Besonders schwierig sei es, wenn die Korrektur der Prüfungen in die Vorlesungszeit fiele. Einen großen Unterschied mache aber auch das Klausurformat. „Bei elektronischen Klausuren bringt eine automatisierte Korrektur viel Entlastung. Wenn ein Dozent dagegen Fragen stellt, auf die ein ein- bis zweiseitiger Antworttext geschrieben wird, dauert das Korrigieren durchaus recht lange.“

Laut Steffen Möller wird die Prüfungsphase von den Studierenden sehr unterschiedlich angegangen. Eine zu kurze Vorbereitungszeit resultiere natürlich in zusätzlichem Stress. Wer schon während des Semesters kontinuierlich den Stoff lernt, wäre da im Vorteil. Studierende, die eine Klausur im Drittversuch bestehen müssen, um weiter studieren zu können, seien zudem weiterem Druck ausgesetzt. Mit einer guten Lernstrategie seien die Sorgen laut Möller jedoch häufig unbegründet. Trotzdem weiß auch der Geographiedozent um das Problem der Prüfungsangst. Er ermutigt Studierende, sich bei Bedarf Hilfe zu holen und macht Hoffnung: „Ich kenne Studierende, die im 1. Semester sehr großen Respekt vor Referaten im Seminar hatten und mittlerweile sehr souverän sind und sogar Tutorien geben.“

Studierende bereiten sich auf ihre Prüfungen vor. Foto: Wibke Oeding

Zurück in der Bibliothek. Die Tische sind immer noch voll besetzt, leise Gespräche mischen sich mit dem Geräusch von umgeblätterten Seiten. Ein paar Studierende blicken gedankenverloren in die Luft, andere tippen hektisch auf ihren Laptops. Einigen von ihnen dürfte das Gefühl der Prüfungsangst nicht fremd sein. Schlaflose Nächte, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, Herzrasen, zitternde Hände, der Kopf plötzlich wie leergefegt. Mit den Ängsten sind sie jedoch sicherlich nicht alleine. Die Prüfungsphase wird wohl nie ein Spaziergang sein – aber sie ist machbar. Wer sich gut vorbereitet, sich Unterstützung sucht und sich selbst Pausen gönnt, kann sie jedoch nicht nur überstehen, sondern auch daran wachsen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert