Ein Spaziergang durch die größten Städte der Welt
Das Projekt ist schon faszinierend: Vollständige, in reeller Geschwindigkeit stattfindende Spaziergänge durch die größten Städte der Welt. Das ermöglicht Citywalks: ein Projekt was -nicht überraschend! – in Zeiten der Covid-19 Pandemie entstanden ist.
Wozu? Das ist doch eine gute Frage. Mir persönlich fiel es jedoch schwer, die Augen von den langsamen Spaziergängen abzuwenden. Von einer Stadt zu der anderen springend habe ich alle Einzelheiten wortwörtlich aufgesaugt: wie sehen die Gebäude in diesem Lan aus? Wie viele Menschen sind auf der Straße zu sehen? Wie ist das Wetter? Wie sind die Menschen angezogen? Welche Läden kann man sehen? Welche Geräusche sind im Hintergrund zu hören? Sind die Menschen leise oder laut? Sind die Geräusche ähnlich wie „bei mir zu Hause“? Sind die Straßen sauber? Welche Jahreszeit könnte dort sein?
Ich habe mich dann in eine Stadt bringen lassen, die ich gut kenne (Mailand), um zu sehen, was eigentlich davon gezeigt wird. Berührt der Spaziergang kulturell relevante Orte? Und wie viel Inhalt ist in so einem Video zu sehen bzw. wie lange dauert so ein Spaziergang? In der Tat berührt der Spaziergang die wichtigsten Punkte der Stadt aber nicht nur: dadurch, dass man „mitläuft“, sind auch ganz normale Straßen zu sehen, die die Interessenpunkte verbinden: man springt nicht vom Monument zu Monument, sondern man geht spazieren, im langsamen Tempo und für richtig lange Zeit! Deshalb kann man sich wirklich auf die Kleinigkeiten konzentrieren, die Geräusche aufnehmen und manchmal sogar ein paar Wörter. Man kann außerdem den Spaziergang bei Tageslicht oder im Nacht-Modus erleben, und jetzt auch (nicht für alle Städte) eine COVID-Version: also eher ziemlich leere Städte. Eine interessante Option (bisher nur für Kairo, Egypt verfügbar) ist dieser Spaziergang in den Augen einer Frau oder eines Mannes zu erleben. „In her shoes“ heißt diese besondere Option, die hoffentlich bald für mehrere Zielorte verfügbar sein wird, und möchte laut Produzenten die Möglichkeit zum Nacherleben und Nachdenken über das so genannte „casual sexism“ anbieten.
Man kann die Videos – wie im echten Leben – weder anhalten noch vor- oder zurückspulen. Also muss man genau hingucken und ein bisschen Zeit investieren. Allerdings hat man dadurch Zeit – altmodisch, aber genauso effizient – sich mit Stift und Zettel Notizen zu machen. Man kann also sehr gut den Spaziergang mit einem Beobachtungsauftrag für Lernende verbinden.
Es gibt auch die Möglichkeit, an „Gruppenspaziergängen“ (Group walks) teilzunehmen: einfach im Kalender durchstöbern, in welcher Stadt wann spaziert wird, und sich anmelden.
Ich werde demnächst meine Student*innen den Auftrag geben, einen solch virtuellen Spaziergang zu erleben, damit sie sich über kulturelle und architektonische Aspekte einer italienischen Stadt konzentrieren können.