Hybride Lernsettings – ein Definitionsversuch (1/4)
Hybrid kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Mischling, was wiederum aus dem griechischen hybris hergeleitet wird und Hochmut bzw. Überheblichkeit heißt. Dass hybride Lernsettings wiederum nicht unbedingt ein hochmütiges oder überhebliches Unterfangen darstellen, zeigen viele Erfahrungen während der Corona-Krise.
Doch was ist unter einer hybriden Lehrveranstaltung genau zu verstehen? Darum wird es in diesem Blogartikel gehen. Er stellt den ersten Artikel in der Reihe zu hybriden Lehrveranstaltungen dar. Die nächsten Wochen werden wir uns mit Vor- und Nachteilen, Tipps und Tricks sowie Checklisten befassen.
Auf der Seite einer Universität sind hybride Lehrveranstaltungen wie folgt definiert:
Hierbei findet die Lehre vor Ort statt, wird aber beispielsweise über eine Webkonferenz auch Teilnehmenden zu Hause zugänglich gemacht. Dieses Szenario ist organisatorisch und technisch anspruchsvoll und erfordert wegen der notwendigen Video- und Audiotechnik eine entsprechende technische Ausrüstung.
Bei dieser Auffassung ist hybride Lehre beispielweise klar von dem Konzept Blended Learning getrennt. Beim Blended Learning findet meist ein Teil der Veranstaltung asynchron und der andere Teil für alle Lernenden gleichzeitig und in Präsenz statt. Bei asynchroner Lehre können alle Lernenden sich die Lernmaterialien in ihrem Tempo zu selbst eingeteilten Zeiten aneignen. Bei dem von der Universität vorgestellten Konzept des hybriden Lernens gibt es keine asynchrone Lerneinheiten. Die Lehrveranstaltung findet synchron – also für alle Lernenden gleichzeitig – statt, aber für den einen Teil der Studierenden ortsgebunden, für den anderen Teil ortsunabhängig.
Nun fassen aber viele das Konzept des Blended Learning auch als hybrides Lernen auf (Vgl. e-teaching.org). Man könnte also sagen, dass es mehrere Definitionsmöglichkeiten gibt. Die Definition der Universität kann als enge Definition des Begriffs Hybride Lehrveranstaltung verstanden werden. Damit wird nur ein einziges Lernszenario beschrieben.
Die weite Definition versteht hybride Lernsettings erstmal als Mischform. So verstanden fällt aber auch die Mischung zwischen Lehren und Lernen unter die hybriden Lernsettings. Diese werden mittlerweile oft in Grundschulen praktiziert. Dort lernen die Zweitklässler und helfen gleichzeitig den Erstklässlern, also lernen und lehren gleichzeitig (Vgl. Flexible Grundschule). So verstanden ist der Begriff der hybriden Lernsettings aber sehr weit gefasst und dadurch wenig ertragreich. Auch beschränkt sich der aktuelle Diskurs bei hybriden Lernsettings auf eine Mischform mit ortsgebundener und ortsunabhängiger Lehre bzw. synchrone und asynchrone Lehre (Vgl. Nele Hirsch).
So scheint es bei der weiten Definition von hybriden Lernsettings sinnvoller, Ortsabhängigkeit und Synchronizität als entscheidende Faktoren aufzufassen. Einige bezeichnen sogar bereits die Verwendung von digitalen Lernmethoden im analogen Unterricht als hybride Lehre (Vgl. Tim Kantereit), da dadurch weniger Lernende gleichzeitig und ortsgebunden lernen müssen. Dagegen ist beim weiten Definitionsbegriff auch nichts einzuwenden. Es gibt demnach also viele mögliche Formen der Lernsettings. Diese haben wir im folgenden Diagramm versucht, abzubilden:
Die Frage nach dem „Was ist das?“ lässt sich bei den hybriden Lernsettings also kaum beantworten, vielmehr geht es um die Frage „Welche Form der hybriden Lehre ist gemeint?“. Das Diagramm ist auch deshalb sinnvoll, um sein Repertoire an Lernszenarien zu erweitern. So ist der von Nele Hirsch erfundene Colearning-Space eine einfache Ergänzung der digitalen Lehre. Neben einem digitalen Lehrangebot soll es hier die freiwillige, zusätzliche Möglichkeit für kleine Gruppen geben, gemeinsam in Präsenz zu lernen. Die Beschäftigung mit hybriden Lernsettings läd also dazu ein, diese nicht als Notlösung in der Pandemie zu betrachten, sondern über langfristige, hilfreiche Ergänzungen in der Bildung nachzudenken. Dazu sollten mehr Szenarien ausprobiert und optimiert werden.
Wie man hybride Lernsettings besonders effektiv gestalten kann und worauf man achten sollte, damit beschäftigen wir uns nächste Woche. Bis dahin freuen wir uns über jeden Erfahrungsbericht von euch!
Im Video stelle ich einen technischen Videokonferenzaufbau vor, mit dem sich hybride Übungen, Sprechstunden oder Seminare in ingenieurwissenschaftlichen Fächer wie der Elektrotechnik durchführen lassen. Der Seminarraum ist mit einem Smartboard mit einem Logitech-MeetUp-Videokonferenzsystem ausgestattet, dessen Kamera gut für eine Aufnahme des gesamten Raumes geeignet, aber ansonsten recht unflexibel ist. Das zugehörige Grenzflächen-Raummikrofon ist gut für Diskussionsrunden mit allen Vor-Ort-Teilnehmenden, nimmt in typischen Übungssituation mit wenigen sprechenden Personen aber auch viele unnötige Störgeräusche (Papierrascheln, Husten, etc.) auf. Zur Optimierung von Bild und Ton für die Online-Teilnehmende gibt es deshalb folgende Erweiterung. Die automatische schwenkende Kamera lässt sich durch zwei simple Gesten steuern. Ein Ansteck- und Handmikrofon sorgen für guten Ton für die Teilnehmenden im Videokonferenzsystem. Eine Audioausgabe von Online-Wortmeldungen ist über die Lautsprecher des Smartboards möglich:
https://youtu.be/BMxP8Rr2ckE